Baugebiet „Rauenstein Ost“
In der Sitzung des Gemeinderates am 28.Mai 2025 wurde der Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan „Rauenstein Ost“ mehrheitlich gefasst. In der Diskussion wurden die Argumente für und gegen eine Bebauung einer Teilfläche des Flurstückes Nr. 2738 an der Rauensteinstraße ausgetauscht. Aus Sicht der Stadt Überlingen besteht eine begründete Notwendigkeit auf dieser Fläche Wohnungsbau zu ermöglichen.
Luftbild Plangebiet, Quelle: Stadt Überlingen
Das Plangebiet hat eine Größe von rund 1,46 ha. Laut dem aktuellen Flächennutzungsplan aus dem 1998 liegt das Gebiet innerhalb einer ausgewiesenen geplanten Grünfläche mit der Zweckbestimmung „Park“. Diese Ausweisung stellt eine vorbereitende Planungsabsicht dar, aus der keine rechtlichen Verbindlichkeiten auf Umsetzung abgeleitet werden können. Naturschutzrechtlich geschützte und kartierte Flächen liegen nicht im Geltungsbereich des Bebauungsplanes. Lediglich grenzt nordöstlich eine festgesetzte Ausgleichsfläche an, die dem Baugebiet „Südlich Härlen“ zugeordnet ist. Über den geplanten „Landschaftspark St. Leonhard“ hat der Gemeinderat am 13.09.2000 öffentlich beraten. Zuvor wurde durch Beschluss des Bauauschusses am 21.12.1998 das Planungsbüros Prof. Eberhard & Partner zur Erarbeitung einer Studie zur Entwicklung des Gebietes “St. Leonhard” beauftragt. Der Gemeinderat hat seinerzeit die Realisierung und Kofinanzierung vorgeschlagener Maßnahmen u.a. Öffnung des Quellbereichs nördlich der Oberen St. Leonhardstraße (Planung), Informationspunkt mit Alpenpanorama, begleitende Dokumentation, Kartierung und Öffentlichkeitsarbeit beschlossen. Ein Abschlussbericht vom 31.07.2002 fasst den Projektzeitraum vom 01.02.2001 bis 31.07.2002 zusammen.
Im Zuge der Aufstellung des Bebauungsplanes „Wiedholz – Teiländerung und Erweiterung“ (rechtskräftig seit 20.05.2009) wurden Teilflächen der Rauenstein Straße als Verkehrsflächen festgesetzt sowie ein daran angrenzender öffentlicher Grünstreifen mit Baumerhalt und Neuanpflanzungen. Gegenüber dem Abzweig in die Straße Rehmhalde wurde ein Teil der öffentlichen Grünfläche zweckbestimmt als Reitplatz mit angrenzendem öffentlichem Parkplatz. Innerhalb der Planungen wurden keine Anmerkungen bzw. Stellungnahmen zum geplanten „Landschaftspark St. Leonhard“ vorgetragen. Im Umweltbericht ist kein Hinweis zum geplanten Eingriff erwähnt.
Bild 1: Ausschnitt FNP, Quelle: Stadt Überlingen
Bild 2: Kartierung geschützter Flächen, Quelle: LUBW (Stand 30.06.2025)
Überlingen ist nachweislich eine von 89 Städten in Baden-Württemberg, die einen angespannten Wohnungsmarkt aufweist (nähere Infos dazu unter: https://mlw.baden-wuerttemberg.de/de/bauen-wohnen/wohnungsbau/mietpreisbremse).
Die aktuelle Bevölkerungsprognose (mit Wanderungen) des Statistischen Landesamtes Baden - Württemberg für die Stadt Überlingen sieht ein Anstieg der Bevölkerung bis 2045 auf 24.080 Einwohner/Innen vor. Ein Anstieg gegenüber 2024 um 592 Einwohner/Innen. In der aktuellen Flächennutzungsplanfortschreibung ist dieser Bevölkerungszuwachs die Basis für die vom Land vorgeschriebene Wohnflächenbedarfsermittlung der Stadt Überlingen. Die Notwendigkeit der Fortschreibung des FNPs aus dem Jahr 1998 bedarf keiner näheren Begründung, allein der aktuelle Regionalplan des Regionalverbandes Bodensee – Oberschwaben stellt einen Planungsauftrag dar.
Der Regionalplan hat das Mittelzentrum Überlingen als Wohnungsbauschwerpunkt im Bodenseekreis bestimmt. Damit wird ein Planungsziel vorgegeben, dass die Kommunen beachten sollen. Der Grundsatz besagt, dass ein quantitatives und qualitatives ausreichendes Wohnungsangebot sichergestellt werden soll. Eine soziale Mischung ist anzustreben. Die Gemeinden sollen aktive Baulandpolitik betreiben, indem auf die Mobilisierung und tatsächliche Verfügbarkeit der Bauflächenpotentiale im Siedlungsbestand hingewirkt wird. Eine Siedlungsentwicklung ist am Bestand auszurichten u.a. durch Arrondierung. Mindest-Bruttowohndichte (Einwohner pro Hektar) wurde mit 85 EW/ha festgelegt. Dadurch soll eine Reduzierung der Flächeninanspruchnahme erzielt werden.
Angelehnt an das Baugesetzbuch verfolgt die Stadt Überlingen mit dem gefassten Aufstellungsbeschluss nichts anderes. Die Stadt soll mit dem Planungsmittel der Bauleitplanung eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung ermöglichen und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung gewährleisten. Das Plangebiet „Rauenstein Ost“ ist im städtischen Eigentum. Bodenspekulation somit ausgeschlossen und die Vorgaben zu Art und Maß der Wohnbebauung bestimmt die Stadt. Bezahlbares Wohnen ist unter diesen Voraussetzungen möglich und erforderlich.
Das Argument den Wohnungsbedarf mit der Aktivierung von leerstehenden Wohnungen zu beheben ist reines Wunschdenken. Bei den Zahlen, die basierend auf den Zensus 2022 – Erhebungen für Überlingen festgestellt wurden, handelte sich um private Wohnungen, die größtenteils aufgrund der Nutzung als Ferienwohnungen dem Wohnungsmarkt entzogen wurden. Unsere bestehende Zweckentfremdungssatzung ist hierfür nur ein zahnloser und lahmer Tiger.
Das Plangebiet eignet sich aufgrund seines Zuschnittes, seiner Größe, Lage und Topografie ideal zur Schaffung von Wohnraum in Form von Geschosswohnungsbauten. Aufgrund der direkten Lage an der Rauensteinstraße kann das Plangebiet leicht erschlossen werden. Das Gebiet ist direkt an die bereits bestehende Bebauung der Kernstadt angebunden, wodurch sich die zusätzliche Wohnbebauung gut in den Bestand integrieren lässt. Nach Osten hin wird eine Abrundung des Siedlungskörpers erreicht.
Ziele der Planung
Mit der Aufstellung des Bebauungsplanes „Rauenstein Ost“ wird allein das Ziel verfolgt, Flächen für den Wohnungsbau zu schaffen. Basierend auf vier unterschiedlichen städtebaulichen Konzepten wurde eine verkleinerte Erschließungsvariante mit einer Stichstraße und Wendeplatte favorisiert. Die neu geplante Straße zweigt über einen Kreisverkehr von der Rauensteinstraße ab. Diese wird auf der nördlichen Seite von einer Baumallee gesäumt. Der Erhalt von Bestandsbäumen in diesem Bereich wird im Rahmen der Erschließungsplanung überprüft. Die geplante Baumallee trennt den Gehweg von der Fahrbahn. Das Konzept sieht darüber hinaus zwei Fußwegverbindungen vor. Die westliche Fußwegverbindung ersetzt den bisherigen Fußweg in Richtung Obere St. Leonhard-Straße. Die zentrale Grünfuge ordnet das Quartier und bildet eine weitere fußläufige Verbindung von Nord nach Süd. Als Öffnung in die freie Landschaft ist in der nordöstlichen Ecke eine Grünfläche vorgesehen. Diese kann als Spielplatz genutzt werden. Am Quartierseingang ist eine Versickerungsfläche geplant. Die Planung verfolgt eine komplette Rückhaltung und Versickerung des Regen- und Oberflächenwassers im Gebiet (Schwammstadt – Prinzip). Inwiefern weitere Versickerungsflächen, insbesondere im Westen des Plangebietes, notwendig werden, soll im Rahmen der Erschließungs- und Entwässerungsplanung überprüft werden. Der westlich gelegene Baumbestand mit bestehender Fußverbindung sowie der nördlich angrenzende Gehölzbestand wird gesichert.
Es werden vier Quartiere mit Größen von 0,18 ha bis 0,39 ha gebildet. Die Gebäude werden entlang der Hangkante in Gelände verträglich eingebunden. Sowohl Punkthäuser als auch Zweispänner mit bis zu drei Vollgeschossen und einem Staffelgeschoss sind geplant. Alle Gebäude im Quartier werden mit Flachdächern geplant, die als Retentionsdach zur Rückhaltung des Niederschlagswassers dienen. Insgesamt sind 100 bis 117 Wohneinheiten geplant, abhängig von Wohnungsgröße (sozial gefördert), Wohnungstyp (u.a. Clusterwohnen) und Anzahl der Vollgeschosse. Dabei wird sich an der Nachfrage am Wohnungsmarkt in Überlingen orientiert
Städtebauliches Konzept vom 24.06.2024, Quelle: Stadt Überlingen
Die geplante Höhenentwicklung der einzelnen Gebäude nimmt Rücksicht auf den angrenzenden freien Landschaftsraum. Eine genaue Festlegung der Erdgeschosshöhe sowie der Gesamtgebäudehöhe erfolgt nach Erarbeitung der Straßenplanung. Daran orientieren sich auch die späteren festgesetzten Baufenster. Konkretisierungen werden bis zur Entwurfsfeststellung des Bebauungsplanes erarbeitet.
Der städtebauliche Entwurf wurde einem Klimacheck unterzogen hinsichtlich einer möglichen Beeinträchtigung in die bestehenden Kaltluftbahnen. Das Fachbüro INKEK aus Lohfelden hat den geplanten Einbau fachlich bewertet und kommt zu folgendem Ergebnis:
Aus stadtklimatischer Sicht führt Neuplanung zu geringen klimatischen Verschlechterungen. Es ist derzeit nicht davon auszugehen, dass der Einfluss auf den Kaltluftabfluss relevant ist, so dass die weiter südlich befindlichen Wohngebiete betroffen sein könnten. Dennoch muss das Gebiet durchlässig gestaltet sein, einen geringen Versiegelungsgrad aufweisen und möglichst viel Grün und großkronige Bäume in Zukunft vorsehen.
Klimaanalyse, Quelle: INKEK
Aus dem Geländeschnitt wird ersichtlich, dass die geplanten Wohngebäude die Sicht von der Kapelle an der Oberen St. Leonhardstraße nicht einschränken. Die jeweiligen Standorte geben Auskunft über die Blickachsen und lokalen Bezugspunkte. Allein die bestehende Gehölzstruktur nördlich des Plangebietes überragt die geplante Bebauung.
Bild 1: Geländeschnitt, Quelle: Stadt Überlingen
Bild 2: Sicht nach Südwest, Quelle: Stadt Überlingen
Bild 3: Sicht nach Südost, Quelle: Stadt Überlingen
Bild 4: Sicht nach Süden, Quelle: Stadt Überlingen